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Das etablierte Nachweisverfahren für Kontaktallergien ist der Epikutantest, der unter standardisierten Bedingungen mit Substanzen in definierter testfähiger Konzentration durchgeführt wird ( [1], [2]). Die Bewertung des Testergebnisses ist häufig schwierig, besondere Erfahrungen erfordert die Beurteilung der klinischen Relevanz eines positiven Testergebnisses.
In-vitro Untersuchungen zur Diagnostik von Kontaktsensibilisierungen haben demgegenüber bislang keinen Eingang in die Routinediagnostik gefunden. Verwendet werden sie in der Diagnostik von Medikamentenallergien, wenn bei Patienten schwerwiegende Reaktionen durch eine Hauttestung zu befürchten sind.
Lymphozyten spielen eine Schlüsselrolle in der Pathogenese der allergischen Kontaktdermatitis, die das klassische Beispiel einer Reaktion vom Spättyp ist. Lymphozytenstimulationstests bzw. -transformationstests (LTT) basieren auf der Messung einer Lymphozytenreaktion (z. B. Proliferation, Zytokinexpression etc.) nach Antigenstimulierung. Der Nachweis dieser in spezifischer Weise sensibilisierten Zellen setzt den vorausgegangenen Kontakt des Patienten mit dem betreffenden Allergen voraus, offen bleibt aber die Frage, ob dies zu einer Sensibilisierung geführt hat, die eine allergische Reaktion bei erneutem Kontakt auslösen würde; alternativ kann z. B. auch Toleranz induziert werden. Metallsalze besitzen "mitogene Effekte", so zeigen Lymphozyten sowohl aus dem Blut nickelallergischer, aber auch nicht-nickelallergischer Probanden eine Proliferation nach Stimulation mit Nickelsalzen. Da die Reaktion spenderabhängig ist, handelt es sich nicht um eine klassische mitogeninduzierte Proliferation. Ob es sich hierbei um antigenspezifische oder unspezifische Effekte handelt, ist bislang nicht geklärt.
Kommerziell wird von Laboratorien unter der Bezeichnung "MELISA" (Memory Lymphocyte Immunostimulation Assay nach Prof. Stejskal) ein modifizierter Lymphozytenstimulationstest insbesondere zur Diagnostik von Zahnmetallallergien propagiert. Dieser Test unterscheidet sich von einem konventionellen LTT dadurch, daß die Lymphozyten nicht aus heparinisiertem, sondern defibriniertem Patientenblut gewonnen werden, und daß durch eine Vorbehandlung (Plastik-Adhärenz) Monozyten reduziert werden. Nach Allergenzugabe wird die Proliferation der Zellen anhand des Einbaus radioaktiv markierter DNA-Bausteine gemessen. Die Modifikationen basieren auf der Vorstellung, daß Heparin die Haptenpräsentation unterdrückt und daß Monozyten durch unspezifischen Einbau von radioaktiv markierter DNA ein falsch positives Ergebnis vorspiegeln könnten.
Stejskal selbst berichtete über 18 Patienten, die unter einem oralen Lichen planus in räumlicher Beziehung zu Amalgamfüllungen litten und bei denen neben dem MELISA auch Epikutantestungen mit metallischem Quecksiiber und Phenyl-Quecksilberacetat durchgeführt wurden. Die Ergebnisse dieser Untersuchungen wurden den Veränderungen der Beschwerdesymptomatik nach Amalgamentfernung gegenübergestellt; unter diesem Bewertungskriterium war der MELISA sensitiver als der Epikutantest [3]. Die Rückbildung der Beschwerden nach Versorgung mit alternativen Werkstoffen belegt aber nach allgemeiner Auffassung keinesfalls eine Sensibilisierung des Patienten, verschiedene Mechanismen wie z. B. verringerte mechanische Irritation können für die Abheilung lichenoider Reaktionen verantwortlich sein.
Cederbrant untersuchte ein Kollektiv von 34 Patienten mit Symptomen einer mucosalen Allergie. Bei 20 dieser Patienten war durch Epikutantestung eine Sensibilisierung gegen Gold, bei 18 eine Sensibilisierung gegen Palladium und bei 19 gegen Nickel nachgewiesen worden. Bei diesen Patienten wurden zusätzlich sowohl MELISA wie konventionelle LTT Untersuchungen mit Gold-, Palladium- und Nickelsalzen durchgeführt. Bei Vergleich der beiden in-vitro Methoden war der MELISA dem üblichen LTT nicht überlegen. Bezogen auf die Ergebnisse des Epikutantests war die Spezifität der in-vitro Methoden zum Nachweis einer Kontaktallergie gegen die entsprechenden Metalle ausgesprochen niedrig (Tabelle 1) (Zitat nach Cederbrant 1997 [4]). Die Autoren wiesen auf die Möglichkeit der unspezifischen Stimulierung von Lymphozyten gerade durch Metallsalze hin.
Au |
Pd |
Ni |
||||
Sens. |
Spez. |
Sens. |
Spez. |
Sens. |
Spez. |
|
MELISA |
55 % |
79 % |
94 % |
69 % |
95 % |
25 % |
LTT |
70 % |
58 % |
82 % |
53 % |
82 % |
17 % |
Tab. 1: Sensitivität und Spezifität des LTT und des MELISA, überprüft an Patienten mit oraler Kontaktallergie, belegt durch Epikutantestung [4]
Nach derzeitigen wissenschaftlichen Erkenntnissen gibt es keine Belege für die Behauptung der MELISA Befürworter, daß in-vitro Methoden bei negativem Epikutantest eine klinisch relevante Kontaktsensibilisierung beweisen können. Vielmehr eignet sich die Methode nur für ausgesuchte Allergene und spezielle Fragestellungen z. B. als zusätzlicher Baustein zur Beurteilung positiver Epikutantestreaktionen, bei denen nicht hinreichend zwischen allergischen und irritativen Testreaktionen unterschieden werden kann. Auch hinsichtlich dieser Fragestellung wird die Methode jedoch erst noch kritisch evaluiert werden müssen, da bestimmte Substanzen, gezeigt für Metallsalze (Nickel, Quecksilber), mitogene Effekte haben [5].
Der MELISA kann gegenwärtig nicht als Alternative zum Epikutantest in der Routinediagnostik allergischer Reaktionen angesehen werden und kann somit insbesondere wegen der niedrigen Spezifität des Tests auch für die Routinediagnostik von Allergien gegen zahnärztliche Werkstoffe von der Deutschen Kontaktallergie-Gruppe nicht empfohlen werden.
Prof. Dr. med. Randolf Brehler
Zentrum für Dermatologie
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